Günter Behnisch …

… zum 100. Geburtstag.

Fotocollage: V. Onmir, Rabenkalenderrückseite 5.9. 2022

Über die Olympischen Spiele 1972 in München ist alles geschrieben worden. Trotzdem hat es fünfzig Jahre gedauert, bis sie als Gesicht eines neuen Deutschland erkannt wurden, eines Deutschlands, das es auf der Zielgerade gerade noch schaffte, mit den Angehörigen der Opfer des Terroranschlags Frieden und Aussöhnung zu schaffen. Der Park: Eine Meisterleistung der Architektur, des Designs, des Städtebaus. Die Architektenkammer Baden-Württemberg hat hierzu eine lohnenswerte Ausstellung konzipiert, die in ihren gesellschaftspolitischen Aussagen ein Mahnmal gegen oft gesichtslose Gegenwartsarchitektur darstellt. Die Ausstellung: Verständliche Erklärungen in Bild und Wort, sowie eine Vielzahl an Architekturmodellen veranschaulichen „Hüllen“ für menschenwürdiges Leben.

Ausstellungskonzept

Rückseite

Olympiapark München

Modell Wohnheim Ringelbach Reutlingen

Aus: Die Zeitung vom Holz Nr. 3/1977

 

Königstraße 1c, Stuttgart (Theaterpassage)
Eintritt frei

Öffnungszeiten:
Montag bis Samstag, 10 bis 20 Uhr
Sonn- und Feiertag 15-19 Uhr

Aktuelle Veranstaltungen und Führungen dann zu finden unter: www.guenterbehnisch.com
#guenterbehnisch100

 

Wie lange noch?

Albstraße Reutlingen

Im roten Haus mit Erker, dessen Werbung für einen Telefonladen auch nicht mehr aktuell ist, war in den Siebzigerjahren das Schreibwarengeschäft Nesper. In einem schmalen Gang türmten sich bis zur hohen Decke Regale und Schubladenschränke. Dort fand man alles, was für Büro, Schule und Kunst benötigt wurde. Erstaunlich auch die „Ortskenntnis“ des Verkaufspersonals, das jede Ware schnell und zielsicher auf den Ladentisch brachte. Die Frage ist, wie lange die alten Häuser noch überleben dürfen, bevor sie einer weiteren ideenlos gebauten Einheits-Schuhschachtel zum Opfer fallen?

Im Jahr der Feiern zu 100 Jahre BAUHAUS …

… erinnern namhafte Autoren an den Abriss des Kaufhauses SCHOCKEN in Stuttgart und kommt zu dem Fazit:

„Der Abbruch des Kaufhauses von Mendelsohn wird heute von der Mehrheit der Stuttgarter als Fehler empfunden, als Verlust an Kulturerbe und für das Bild der Stadt, die mit dem Kaufhaus Mendelsohns neben der Weißenhofsiedlung noch deutlich mehr Architekturinteressierte anziehen würde. Den protestierenden Studenten ist es zu verdnaken, das der gepante Abbruch des Kaufhauses Schocken-Merkur damals über die Grenzen Stuttgarts zum Politikum wurde. (…)“ Denkmalpflege in Baden-Württemberg 3/2019, Seite 147

Collage: V. Onmir, Rabenkalenderrückseite 17.11.2019

Südtirolerisch für Anfänger (1): Käschtn

Sprach man früher …

in Südtirol von Käschtn,  waren damit ausschließlich (Ess-)Kastanien oder auch Maroni gemeint.

Heutzutage entsteht Verwechslungsgefahr, denn …

nicht nur in Eyrs oder in Tschengls …

haben sich Käschtn in die traditionelle Ortsarchitektur eingeschlichen, die sich in dieser „Schuhschachtel“form global und unsensibel überall geschwürartig ausbreiten.

Schuhschachteln oder das Zeitalter der Einfallslosigkeit

Vor etwa zwei Jahren erschienen Artikel zur Neubebauung eines innerstädtischen Areals, die schon auf dem Papier den Eindruck erweckten, den guten Architekten fällt nichts mehr ein, als den ehemals revolutionären Bauhausstil zum hunderttausendsten Mal zu reproduzieren.

Eine activ-group hatte dazu erste Bilder veröffentlicht, die das Schlimmste vermuten ließen: „Schuhschachtelarchitektur“, selbst wenn in der Nachbarschaft noch historische Giebelhäuser stehen.

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Man scheint sich dann doch noch zu einem angedeuteten „Giebelvortäuscher“ hinreißen zu lassen, was das Ganze nicht besser macht.

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Auch wenn es sich nicht um ein ganzes Potemkinsches Dorf handelt, so ist das Ansinnen, nämlich mehr zu scheinen als zu sein, im Ansatz erreicht. Abgesehen davon, dass diese Art von Giebel nirgendwo mit historischen korreliert, es ist ein Giebel wie die Fassade vor einem Westernsaloon, der die Bude oder das Zelt dahinter verdeckt. Das wird deutlich beim Betrachten einer Luftaufnahme von Jürgen Herdin: Flachdach bleibt Flachdach! Was soll also der Bluff?

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Ausschnitt

Ausschnitt

Es wäre wünschenswert, die Architekten würden an alte Traditionen anknüpfen und Baukünstlern wie Theodor Fischer nacheifern, der seine Bauten immer in Beziehung zu Stadtbild, Historie, Natur und Umgebung setzte. Dieses Prinzip auf heute zu übertragen hieße, Städtebau so zu entwickeln, dass die Innenstädte von Hamburg, Pfullingen, New York und wo auch immer, sich nicht irgendwann Charakter-los gleichen!

Schuhschachtelarchitektur…

… bestimmt immer mehr den öffentlichen Raum, dabei hat BAUHAUS bereits alles erfunden. Nun gut, man kann auch Aktuelles gut sehen, vermisst allerdings oft eine behutsame Einbettung in den städtebaulichen und landschaftlichen Kontext. Neu ist das Achalmhotel auf der, ja, Achalm bei Reutlingen. Auch hier war die Befürchtung, der grobe Klotz könne fremdkörpern. Tat er beim Bauen auch und verblüffte dennoch durch eine Formänderung, die durch die Balkonbrüstungen erreicht wurde. Aus der Schuhschachtel wurde ein abgerundetes, an ein Kreuzfahrtschiff erinnerndes Etwas, das sich farblich durchaus an den Berg anpasst, wenn man sich auch noch mehr Anschmiegsamkeit an den Reutlinger Hausberg gewünscht hätte.

Sogar ein alter Kastanienbaum dürfte stehbleiben und sorgt nun für angenehmen Schatten im Freiluftcafé.