Heute Morgen bei Holzelfingen (H.B.)
Archiv für den Monat: Dezember 2009
Radebrechen
Dass Radek,
der eigentlich Sobelsohn hieß, als Rädelsführer
interniert wurde, kümmerte Ann Radcliffe
wenig, obwohl der Umstand durchaus
thematisch in ihre Schauerromane gepasst hätte.
Eben diese schrieb sie keineswegs auf einem Raddampfer,
der auf der Radebusa
täglich verkehrte, welche
im Böhmerwald entspringt,
um sich südlich von Pilsen
in die Angel zu ergießen.
Sigismund von Radecki
las davon, übersetzte aber hauptsächlich
Puschkin und Gogol, wenn er nicht gerade
ein Pils in sich hinein goss, um
humorvolle Erzählungen pünktlich
beim Verleger abgeben zu können.
War es in Radebeul,
Radeburg
oder in Radeberg
oder in Radevormwald?
Rat mal!
Die radikale
Zufuhr weiterer Pilsgaben bewirkten,
dass R. auf dem Klangteppich des Radetzkymarsches
Rädertiere
erschienen, so genannte Rotatorien,
die er – peinlich, peinlich – mit schwerer Zunge als Rotarier
ansprach.
So hatte er schlussendlich mit Hilfe vieler Radeberger
relativ mühelos das Radebrechen
erlernt.
(H.B. 2005)
Eichen und Buchen
Sein Leben lang
musste der Förster Eichen, Buchen
und anderes Gehölz schlagen lassen und verhökern.
Nichts war ihm lieber,
als Eichen zu buchen.
Nun – nach Wegfall der angeblich unrentablen Dienststelle –
sah er sich gezwungen –
und dies kurz vor seiner Pensionierung -,
Buchen zu eichen.
Er verstand es Zeichen
zu weichen.
(H.B. © 7. 12. 2005)
Drosophila melanogaster
Nach langen Jahren ohne Segen
half der Freunde langes Reden,
und die Fliege
kriegt die Biege,
lässt mit Müh und Not das Saufen
und – lässt sich taufen.
Interessant war allemal
das Ritual:
Wie bei einer Taufe üblich,
braucht man Wasser.
Doch zuviel wäre betrüblich,
darum tut es au,
ein kleiner Tropfen Tau.
Die erwartungsfrohe Fliege
auf reich geschmückter Tauf-Liege
wird durch die Taufe nun zur Tau-Fliege.
Vorne hieß der Pfarrer Rainer –
war zufällig auch Lateiner –
und gab ganz kurz noch vor dem Amen
ihr einen latein’schen Namen.
So nenn’ ich dich, rief laut der Paster,
Drosophila melanogaster.
(H.B. © 21. 6. 2001)
Am liebsten lesen?
Auf meinem geliebten RABENKALENDER von Zweitausendeins steht am 27. November die Frage: „Wann und wo lesen Sie am liebsten?“ Klaus Bittermann antwortet: “ Um 14 Uhr nach dem Lunch im Halbschatten auf einem Liegestuhl vor einem menschenleeren Swimmingpool.“ Laura Shaine Cunninham (ich gebe zu, ich kenne die Dame nicht. So geht es mir täglich des öfteren, wenn irgendwelche Sterbe- und Geburtsdaten berühmter Leute abgedruckt sind!): „Im Winter am heimischen Kamin. Im Sommer auf der Veranda. Sonst immer im Bett.“ Norbert Johannimloh meint: „Wenn die Sonne untergeht. Da, wo ich eigentlich schreiben sollte, am Schreibtisch.“ „Im Zug“, merkt Hermann Kinder an, Ludger Lütkehaus: „Am Frühstückstisch“. Ich füge an: „Ich lese am liebsten (wann) abends (wo) in einem Buch.“ (H.B.)