Tyrannensturz lässt sich lernen

Schule für Revolutionäre

Belgrad.  Tyrannensturz lässt sich lernen. In Belgrad gibt es eine Schule dafür. Der Erfolg spricht Bände. Auch Kairos Blogger profitierten davon.

Ein kollektiver Spaziergang, bei dem man in Gruppen auf der Stelle tritt? Im Internet werden Chinesen am Sonntag zu dieser Aktion aufgerufen. Protestzug nennen kann man das Verharren auf einem Fleck wohl nicht. Demonstrationen wären in China ja auch verboten, zumal im Nachklang der arabischen Jasmin-Revolution. Aber friedliches Trippeln auf der Stelle?

In vielen Ländern werden neue Formen des politischen Widerstandes ausprobiert. Ein Zufall ist das nicht. Denn weltweit lernen Oppositionelle, gewaltfrei und mit Witz Diktatoren die Stirn zu bieten. Ihre „Waffen“: Rosen (Georgien), Tulpen (Kirgisien) oder jetzt Jasmin (Tunesien).

Rückblende in das Jahr 2000: In Belgrad lehren junge Demonstranten den Despoten Slobodan Milosevic das Fürchten – mit Festen, Konzerten, Aufmärschen, auf denen Jugendliche den Sicherheitskräften den Spiegel vorhalten. Nachrichten von kuriosen Aktionen machen die Runde. Revolutionär-Sein wird in, politisches Engagement chic. Dafür sorgt auch ein Mode-Label: die weiße Faust auf schwarzem Grund.

In Belgrad wird das Zeichen allgegenwärtig. Otpor, eine mit Geld der amerikanischen Soros-Stiftung finanzierte Bewegung, sorgt dafür. Sie liefert zuerst das Drehbuch für den Umsturz in Serbien und anschließend die Gebrauchsanweisung für Revolutionäre in aller Welt. Tyrannensturz lässt sich lernen. Im Belgrader „Zentrum für angewandte gewaltlose Aktion und Strategien“, kurz Canvas. Ehemalige Otpor-Aktivisten und ihre Schüler unterrichten dort Oppositionelle aus vielen Ländern der Welt. Auch Mohamed Adel war dort. Er zählt zu den bekanntesten Bloggern Ägyptens. Sein Wissen hat er mit nach Kairo genommen, die weiße Faust auch. Sie wurde auf schwarzen Stoffen auf dem Tahrir-Platz gesichtet.

Kein Wunder, dass manch Staatschef misstrauisch nach Belgrad schaut und versucht, sein Land mit Repressionen abzuschirmen. Eine Garantie für Despoten ist das nicht. Auch in Burma sollen Revolutionstrainer schon aktiv geworden sein. Die weiße Faust auf schwarzem Grund wird womöglich eines Tages auch dort davon zeugen.

www.canvasopedia.org

Zitat Ende:“

(aus Südwestpresse/Reutlinger Nachrichten 25.2.2011)