Die Spargelsaison ist zu Ende…

…nun werden sie wieder unsachgemäß gegen die Windkraft missbraucht. und obwohl ich (noch) Mitglied im Schwäbischen Albverein bin, regt mich auf, dass in den Publikationen des Albvereins, wie auch auf den öffentlichen Veranstaltungen, gegen alles, was nicht der Albverein erfunden hat, wie Windräder und Mountainbikes, Front gemacht wird. Diese Haltung spielt auch im Lichtensteiner Gemeinderat eine Rolle, soll doch in den Nähe des Schlosses Lichtenstein, auf dem Hochfleck, ein Windpark gebaut werden. Ich musste auf Artikel im Reutlinger Generalanzeiger und den Reutlinger Nachrichten mit einem Leserbrief Stellung beziehen:

Zu: Optischer Umzingelungseffekt in Reutlinger Nachrichten 29.7. 2015

„Dass die Windenergie mit ihren Windrädern sinnvoll ist, darüber besteht weitgehend Einheit. Nur die Sache mit der Ästhetik wird zum Zankapfel. Wann auch immer in der jüngeren Geschichte Türme oder andere technische Bauwerke gebaut wurden, immer erhob sich Protest: das war beim Bau des Schönbergturmes (Ein steinernes Bauwerk, welche Naturverschandelung!), beim Stuttgarter Fernsehturm anfangs der 1950er-Jahre (stört das Höhenbild Stuttgarts) oder jüngst beim „Rottweiler Riesen“ so. Zu Zeiten, als noch Schlösser gebaut wurden, hatten die Bürger eh noch kein Mitspracherecht, da wurde aus Macht-, Sicherheits-, Repräsentations- oder militärischen Gründen gebaut, wo es der jeweilige große oder kleine Potentant wollte. In unserem Bewusstsein haben sich die Burgen und Schlösser dann, egal ob monarchistisch oder bürgerlich gesinnt, als zur „Schönheit einer Landschaft gehörend“ niedergeschlagen. Mit dem Bau des Schlosses Lichtenstein spielte Wilhelm Graf von Württemberg „Mittelalterles“ – zu einer Zeit, in der im Tal die Neuzeit angebrochen war und die ersten Fabriken gebaut wurden. Disneyland, Neuschwanstein, Lichtenstein zeigen den Hang zu Kitsch und Märchenschlossgemütlichkeit, an dem wir messen, was „schön“ ist und in die Landschaft passt. Unbestritten ist der Lichtenstein ein Meisterwerk der Baukunst auf diesem ausgesetzten Felsen und touristisches Ziel vieler Menschen aus nah und fern. Das wird, wie ich meine, in keiner Weise durch den Bau von Windkraftanlagen gemindert. Die Auseinandersetzung um den Rottweiler Turm, der angeblich die Stadtsilhouette störe, hat sich gelegt. Der jüngste Turm rundet ein Turmpanorama ab, das von mittelalterlichen Kirch- und Stadttürmen über einen Nachkriegswasserturm alles auf einem Bild präsentiert, was dem Mensch über lange Zeit zum Thema Turm eingefallen ist. Kein Mensch stört sich heute am „Mischmasch“ bei Sakralbauten von der Romanik bis zur Gotik und Neogotik. Und, die 250 m hohen Kraftwerksschornsteine von Altbach, Windkraftanlagen und Türme sind Landmarken, die der analogen Orientierung dienen. Sicher, die Windanlagen könnten als kinetische Objekte künstlerisch besser gestaltet und damit touristische Alleinstellungsmerkmale werden. Ich wünsche mir die Abkehr Sankt-Florians-Prinzip und die Entwicklung eines toleranten Kunst- und Landschaftsempfindens, auf dass in Lichtenstein auch in Zukunft nicht auf Staubsauger, Waschmaschine, Fernseher und Straßenbeleuchtung verzichtet werden muss. Baut Windkraftanlagen in der von Fachleuten berechneten Anzahl, beziehungsweise, lasst es ohne Einwände zu!“

 

2 Gedanken zu „Die Spargelsaison ist zu Ende…

  1. Obwohl Befürworter der Windkraft muss ich Wasser in den Wein gießen. Windkraftanlagenflügel halten etwa so lange, wie ein Holzmühlrad, 12-15, mal auch mehr Jahre. D.h. man muss dann ein neues Windrad montieren. Dafür braucht man sehr große und schwere Kräne, also auch stark befestigte Zufahrten. Altensteig verdankt z.B. seine Windenergienutzung u.A. einem ehemaligen Truppenübungsplatz mit sehr robusten Straßen. Manchmal muss auch die Turbine ausgetauscht werden, um mehr Leistung heraus zu holen. Auch da braucht man sehr feste Zufahrtsstraßen für die großen Kräne.
    M.E. müsste man deshalb für jeden Standort auch die Reparatur und Aufrüstung des Windrades mitbedenken. Da Betonfahrbahnen ca. 30 Jahre halten, wäre deren Erneuerung bei jedem zweiten, dritten Windradwechsel nötig. Mir sind dazu bisher keine Berechnungen bekannt, die den Gesamtwirkungsgrad von Anlagen und notwendiger Erschließungsstraße auf 15, 30, 45, oder 60 Jahre, sowie ggf. den Rückbau durchgerechnet haben.
    Ich würde mich nicht wundern, wenn u.U. mehrere kleine Anlagen dann doch wirtschaftlicher wären, oder, wo noch möglich, Wasserkraft.
    Da wir in Baden-Württemberg schon lange Windkraftforschung betreiben (Prof. Hütter war „Windpabst“ der Uni Stuttgart, Jörg Schlaich, Prof. Worthmann und andere haben interessante Vorschläge und Demonstrationsanlagen gemacht. Windkrafttestfeld Schnittlingen, z.B. Es müsste also möglich sein diese Fragen zu klären. Und dann könnte sich eventuell heraus stellen, dass die bisherige Blockadepolitik nun die Chance bietet die besten, ästhetischsten und langfristig rentabelsten Lösungen zu finden. Die Uni Stuttgart hat u. A. auch an Windkraftanlagen geforscht, die in Häuser integriert waren. Da böte sich evtl. die hohe Mühle bei Ulm an, oder der Fallturm in Rottweil.
    Also: Den Lichtensteiner Standort kann ich nicht beurteilen, aber bei aller Befürwortung der Windkraft, mahne ich doch zu schwäbischer Nüchternheit. Erst Mal rechnen und das ehrlich mit harten Fakten und zu fortgeschriebenen Preisen, nicht wie bei Stuttgart 21! Und wen dann der Standort gut ist, die notwendige Straße nicht zu teuer (und vielleicht in den Jahren zwischen Bau und Austausch auch noch als Schlittenbahn, oder Skaterstrecke nutzbar wäre), so dass es sich wirklich lohnt, dann erst bauen. Wir haben zwar viel Zeit verloren, aber dafür können wir jetzt aus den Fehlern anderer lernen, knitz, wie wir sind.

  2. Auf dem Bild, das ich zur Widerlegung der Spargelhypothese gepostet hatte, muss man die Windräder mit der Lupe suchen, obwohl man gerade mal wenige Kilometer entfernt ist. Zugegeben sind moderne Windräder zwei- bis dreimal so hoch, aber auch das verkraftet die Landschaft mühelos – jedenfalls wesentlich besser als einen verheerenden Kilmawandel. Insofern sehe ich die Windkraft als die Brückentechnologie, die Politik und Wirtschaft immer in der Atomkraft sehen wollte. Im Gegensatz zu dieser lassen sich die „Spargel“ dereinst einfach abbauen und fertig.
    Dass die Windkraftplanung der Landesregierung derzeit mit Friktionen verbunden ist und gelegentlich skurille Auswüchse produziert, ist dem Umstand geschuldet, dass hier in fünf Jahren nachgeholt werden muss, was in den Jahrzehnten zuvor nicht nur verschlafen, sondern explizit verhindert wurde.
    Windkraft und andere regenerative Energien, die den Kommunen und/oder den Bürgern gehören, lassen sich sehr viel problemloser integrieren, erhöhen wg. ihrer Dezentralität die Versorgungssicherheit und die Wertschöpfung verbleibt vor Ort, anstatt in fragwürdige Krisengebiete zu fließen.
    Natur- und Landschaftschutz in Ehren, lieber Schwäbischer Albverein, aber – wie Helmut Bachschuster es überzeugned darlegt – in historischer Angemessenheit.

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