Mir fällt Schätzings…

…“Schwarm“ ein, und wenn ich auch keinesfalls esoterischen Naturrachetheorien hinterher hänge, so bleibt doch der Gedanke, dass es mit Japan ein Land getroffen hat, das mit seinen „Meeresressourcen“  (unsere Mitbewohner, die Fische und Meeressäuger) in besonderem Maß unmäßig und zudem unverantwortlich umgeht  – dem wird wohl, zumindest im Augenblick, niemand widersprechen wollen –  und auf unbeherrschbare und gefährliche Energietechnologie setzt. Der Natur- und Atomkatastrophe folgt dann die politische: Fehler werden von den Verantwortlichen in Politik und Industrie immer erst dann zugegeben, wenn es nichts mehr zu leugnen gibt. Das war bei der Katastrophe von Tschernobyl so, aber auch bei Störfällen in deutschen AKWs, wo beispielsweise ein Reaktorunfall in Biblis erst ein Jahr danach bekannt wurde. Die Statements des japanischen Botschafters am Sonntagabend bei Anne Will stehen ganz im Zeichen dieser Tradition. Jetzt fehlt eigentlich nur noch, dass Al Kaida als Verursacher des Tsunami ausgemacht wird. Inzwischen sind wieder Stunden vergangen und Merkel, Röttgen, Mappus und Seehofer vollführen erstaunliche Pirouetten, die man mit ihrer Vehemenz schon als alternative Energiequellen nutzen könnte. Lächerlich! Jetzt auf einmal werden Überprüfungen und Abschaltungen in Aussicht gestellt. Wieso jetzt? Sind doch die Anlagen angeblich so sicher, dass die Regierungskoalition letzten Herbst den Atomausstieg revidierte. Ich empfehle hierzu in den Tagesthemen von gestern ein Interview von Caren Miosga mit Umweltminister Röttgen (Beginn bei 0:21). Grandios! Wiederum antwortet Röttgen auf die Frage, ob hinter der 180-Grad-Drehung der Bundesregierung wahltaktische Absichten stecken mit einem „Vortrag“, der von Loriot stammen könnte: Eine Ansammlung von Worthülsen! Gleich danach ein Kommentar von Ulrich Deppendorf, der mit den Worten beginnt: „Was wir heute erlebt haben, (…) ist  eine der atemberaubendsten Wenden einer Bundesregierung…“ (Beginn 0:27:30). Nachtrag: Spiegel online zeigt eine neue Variante der vorher-nachher Projektion von betroffenen japanischen Ortschaften.

„Alle 10 000 Jahre ein Störfall“…

… hieß es von Seiten der Atomkraftlobbyisten in den Achzigern. Dann ereignete sich 1986 die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl. Lange, sehr lange hielt sich in Reutlingen ein Graffito, das erst im Zuge von Neubaumaßnahmen (zu früh, wie wir jetzt sehen) verschwand:

ALLE 10 000 JAHRE EIN STÖRFALL –

WIE DOCH DIE ZEIT VERGEHT!

Ich stehe nach wie vor unter dem Eindruck der Katastrophenbilder, deren Realität man eigentlich gar nicht glauben will: Eine Flut schwimmender und brennender Städte wälzt Häuser, Schiffe und Unmengen von Autos unter Brücken hindurch und über jedes Hindernis hinweg. Was mir dagegen wieder sehr bekannt vorkommt, ist eine „Informationspolitik in kleinen Scheibchen“: Immer erst Tatsachen zugeben, wenn es gar nicht mehr anders geht. Eine sehr kritisch nachfragende Marietta Slomka präsentierte uns gestern einen grandios schwafelnden Bundesumweltminister Norbert Röttgen, der mit vielen Worten NICHTS sagte und sich so über seine Interviewzeit rettete. Tatsächlich wieder einmal fest zu stellen: Erst muss etwas passieren. Und ganz so nassforsch wie in den ersten Stellungnahmen („Nicht zu vergleichen!“) geben sich die Atomstrombefürworter inzwischen nicht mehr. Wie wäre es denn, eben diese Klientel mit dem THW nach Japan zu schicken, um Vorort-Hilfe zu leisten? Fukushima wird wie Tschernobyl als Begrifflichkeit bleiben, die hoffentlich endlich eine Umkehr in der Atompolitik in Gang setzt. Gerade diejenigen unter den Politikern, die sonst immer und alles parteipolitisch ausschlachten, warnen jetzt scheinheilig eben davor. Und noch eins: Ich gehe dieses Mal (nicht nur aus diesem Grund) wieder wählen. Abwählen!

Nachtrag: Gerne verweise ich auf den Link von DrNi zur „Liste meldepflichtiger Ereignisse in deutschen kerntechnischen Anlagen“ (siehe Kommentar). Außerdem ein schöner Film zur Menschenkette am gestrigen Samstag von Neckarwestheim nach Stuttgart.