„Das Problem ist bloß, …

… dass mit dem Verlust unserer Religiosität auch die erhoffte Belohnung profaniert wurde. Bestenfalls rechnen wir heute damit, dank unserer enthaltsamen Lebensweise nicht nur länger zu leben, sondern dereinst kerngesund, nüchtern, schlank und durchtrainiert zu sterben.“

David Singer in Rabenkalender 17.9.2015

Zeichnung: Selbstplagiator V. Onmir, Rabenkalenderrückseite 17.9.2015

Zeichnung: Selbstplagiator V. Onmir, Rabenkalenderrückseite 17.9.2015…

…. denn die Zeichnung gab es schon 1970!

H.B. 1970

©1970

Don kann was

Man nannte ihn im ganzen Viertel nur Don. Woher der Name kam, war umstritten. Manche führten es auf seine angebliche Herkunft aus Donnstetten zurück. Andere wollten gehört haben, dass sein Herrchen ihn immer mit „Do gohsch her, du Donderwetter!“ zu sich befahl. Schweikhard, der knitze dreibeinige Knuddelköter mit rumänischem Migrationshintergrund meinte sicher zu wissen, dass der russische Fluss Don bei der Namensgebung Pate gestanden hatte, denn Don war still. Keiner seiner Weggefährten hatte ihn jemals bellen hören. „Vielleicht kommt es auch von Donnerstag…?“ Weiter kam er nicht, denn die Meute erhob ein Jaulen, alle verdrehten die Augen, wie immer, wenn der Westi eine seiner vom Rest als peinlich empfundenen Bemerkungen absonderte. Doch zurück zu Don. Don war kein normaler Hund, Don war Künstler. Alle bewunderten ihn ob seiner besonderen Gabe des Kunstpissens. Gut, pissen konnte jeder der Kameraden, bis auf die Hundedamen, die Bello, der ausgewiesene Macho des Viertels, respektlos „Rüdinnen“ nannte. Natürlich konnten die Damen ebenfalls pissen, aber Dons Kunst bestand darin, Bilder pissen zu können. Heute hatte er angekündigt, ein Profil seines Herrchens zu zeichnen. Schnuffelnde Unruhe begleitete sein Aufstellen an der besonders glatten Hauswand der Metzgerei. Don blickte in die Runde. Schlagartig erstarben alle Geräusche. Allein die beiden vorbeifahrenden Autos hielten sich nicht an die Vereinbarung. Don hob den rechten Hinterlauf und los ging’s. Was mit einem unscheinbaren nassen Fleck begann, der sauber die untere Kante der Hauswand ausfüllte, endete mit dem klar erkennbaren Profil des allen bekannten Herrchens auf der linken Bildseite. Nachdem Don sein Bein wieder abgesetzt hatte, begann ein Schwanzwedeln, begleitet von einem vielstimmigen Winseln und Wuffen. Don nahm dankbar den Applaus entgegen. „Donnerwetter!“ kommentierte Dons Herrchen, der sich, von den meisten unbemerkt, der Vorführung angeschlossen hatte. Er war ziemlich stolz auf seinen Don.

© Helmut Bachschuster 2015