„Der Kriegspräsident“…

titelte am 28.5.2010 Christoph Faisst in einem Kommentar in den Reutlinger Nachrichten und meint, dass die Fragen und Erklärungen des Bundespräsidenten „bei wohlwollender Auslegung nur irritierend, bei genauem Hinsehen aber eine Belastung für die deutsche Außenpolitik“ sind. Ohne jeden Zweifel  sagte Köhler, dass „im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen negativ durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen. (…)“. (Lassen wir mal eine sprachliche Bewertung beiseite). Über die doch offen imperiale Kraftmeierei hat sich, so scheint es, keiner aufgeregt. Umso mehr jetzt nach Herrn und Frau Köhlers Synchronrücktritt. Herr K.  mag die Kritik nicht, denn sie „entbehrt jeder Rechtfertigung“ (Herr Köhler, Sie meinten wahrscheinlich „Berechtigung“?!) An solch ausgesetzten Stellen des Staatsgefüges sollte man sich  wesentlich deutlicher der Wirkung seiner (richtig) eingesetzten Worte bewusst sein. Ich denke, wenn man’s versaubeutelt hat, sollte man’s  auch bezahlen, die Neuwahlen meine ich, und nicht einfach beleidigt zurücktreten. Aber vielleicht musste das mit dem Absichern deutscher Interessen mal so deutlich gesagt werden, dann nochmals und nochmals… Bis wir uns alle daran gewöhnt haben und es ganz normal finden, dass Deutschland demnächst Truppen nach Ägypten schickt, um „dem Ägypter“ unmissverständlich klar zu machen, dass die Nofretete uns gehört und basta! Und Richling hat jetzt die Arschkarte und muss sich einen Neuen draufschaffen. (H.B.)

Neue Berufsbilder

Auch wenn es wirklich beeindruckend ist, dass sich Stephan Raab als einer der wenigen mit der Zeitung mit den vier Buchstaben anlegt, schreibe ich trotzdem nichts über LML, sondern stelle an dieser Stelle in unregelmäßigen Abständen Menschen vor, die ihr Schicksal selbst in die Hand nahmen:(H.B.)

Retten & Ratten

Ratte sich, wer kann…

oder

Da nahm der Koch den Löffel…

Da nahm der Koch den Löffel

und schlug den Mops zu Brei.

Viele Köche verderben den Brei –

Einerlei, es gilt zu ratten , was zu Ratten isst

und verlässt das sinkende,

was es abzuwarten gilt, Schiff,

zumindest den verdorbenen Brei,

wohl um einen besser dotierten Brei zu rühren.

Nun gilt es, wie immer in solchen Situationen,

dem abgetretenen Roland RESPEKT, RESPEKT

und nochmals RESPEKT zu zollen

und alles andere geflissentlich zu vergessen. (H.B.)

(siehe Beitrag 4. Oktober 2009)

Pfullinger Pranger?

Bischoff Mixa ist aus dem Urlaub zurück, täglich kommen – nicht nur seine Wenigkeit (übrigens ein Begriff, der, zu meinem großen Bedauern, immer mehr aus unserem Sprachschatz verschwindet)  betreffend, neue Missbrauchsvorwürfe hinzu. Einserseits befürchte ich, die Institutionen, die es betrifft, versuchen, Gras über die Sache wachsen zu lassen. Doch da sehe ich, wie an der Rückseite des Pfullinger Marktplatzes ein Bauwerk entstanden ist, das mich stark an die mittelalterlichen Richtstätten, Pranger genannt erinnern. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass die quotengeilen Privatsender nichts unversucht lassen würden, aus der Gaffermentalität Kapital zu schlagen, nach dem Motto Deutschland sucht den Superbösen. Sicher ist, dass bei einer öffentlichen Zusschaustellung eines Delinquenten Zuschauermassen zu einem Riesenspektakel strömen würden… (H.B.)

Publizieren

„Publizieren“ anklicken ist der letzte Schritt, den Blog der Öffentlichkeit hinzuwerfen. So ihn die Öffentlichkeit überhaupt entdeckt im riesigen Meer der Internettagebücher. Mehr und absolut Erstaunliches haben die Forscher des Census Of Marine Life (coml.org) an die Wasseroberfläche befördert, während zeitgleich die Katastrophen über dem Meer auf der Insel Haiti bereits wieder aus den Schlagzeilen verschwunden sind.

Inzwischen hat der Donnerstag wieder 576 g „Zeit“ inklusive Magazin in den Briefkasten befördert, wo ich doch die vorige Ausgabe wieder nicht gründlich gelesen hatte  . Margot Käßmann (deren Namen immer noch viele wie Kessmann aussprechen) hat sich einmal mehr als „ganz normalen Menschen“ vorgestellt, der sich scheiden lässt, seinen Krebs öffentlich macht und nun, wie so viele andere, eben auch ein Alkoholproblem hat. Aber wollen wir das alles überhaupt so detailliert wissen? Mit Alkoholexzessen und Ekelritualen ist die Bundeswehr mit von der Partie, Tatsache, auch wenn die Obermilitaristen dies immer noch abstreiten („Die Bundeswehr hat heutzutage kein Alkoholproblem“, meint Wilfried Stolze), obwohl jeder, der beim Bund war, das Alkoholproblem bezeugen kann.  Missbrauch hätte die Chance, jetzt schon im noch jungen Jahr, zum Wort des Jahres gekürt zu werden. Die katholische Kirche steuert – weniger mit der Tatsache des Missbrauchs an Schutzbefohlenen an sich als mit dem unsäglichen Nicht-Umgang damit – ihren Anteil bei, die FDP mit unsensiblen und herabwürdigenden Aussagen über Menschen vom Rand der Gesellschaft. Die ach so edle Opposition kritisiert Dinge, die sie einst selbst mit auf den Weg gebracht hatte , hat somit den Anspruch als Moralhüter verwirkt. Rüttgers „Sponsorengespräche“ gehören ebenso in die Gattung „den Staat kauf‘ ich mir“. Und dann lese ich in einer BILD-Werbung in der ZEIT (!!!), dass sich Wolfgang Joop, wie vorher schon andere Promis (über Udo Lindenbergs Statement in dieser Serie hatte ich mich schon früher aufgeregt) missbrauchen lässt, dieses Blatt zu hofieren (handschriftlich mit Zeichnung):

„Bild ist „camp“. Übersetzt heißt das, man hat einen eigen Stil. Einen , der polarisiert. Mal ist man „under the top“, mal „over the top“. Meist aber ist man einfach geradeaus! Hauptsache: nicht langweilig oder angepasst! „Bild“ gibt meinem Affen täglich sein Stück Zucker!“

Wenn also der „eigene Stil“, „geradeaus“ zu sein und „nicht langweilig oder angepasst“ Kriterien sind, dem „Affen täglich ein Stück Zucker“ zu geben, dann wird Missbrauch in jeglicher Form zu einem gesellschaftlichen Wert stilisiert. Da wäre es nur folgerichtig, eine Fernsehgala zur Wahl der jährlichen „Miss Brauch“ (unabhängig vom Geschlecht) zu kreieren. Eine hohe Einschaltqote wäre garantiert. (H.B.)

Die Welt auf Schwänglisch

Jetzt lacht wieder jeder über Oettinger. Nun gut, er hat die Rede gehalten und weiß, wie man weiß, vortrefflich, sich von Fettnäpfchen zu Fettnapf fort zu bewegen. Ja, er bewegt sich fort, fort nach Brissl. Gut, mag man jetzt einwenden, nur ein Bruchteil der Lachenden beherrscht Englisch oder eine andere Fremdsprache (oder auch Deutsch) wirklich gut und müsste eigentlich still sein. Aber, da wollen wir doch mal ganz ehrlich sein: Wenn man auch unseren Politikern garnichts anhaben kann (Kritik, Rat- und Vorschläge verpuffen meist ungehört), so bleibt einem doch wenigstens die Schadenfreude, der Stoff, von dem der Berufsstand der Kabarettisten und Karikaturisten lebt. Dazu gesellen sich der Witz und der Meinungsaustausch am Stammtisch:  Sozialhygiene! Im übrigen vermute ich, dass die ganze Angelegenheit eine geniale neue Folge der SWR-Serie „Die Welt auf Schwäbisch“ von Dodo Kuhn ist. Und das just zu dem Zeitpunkt, als die „vorläufig letzte Folge“ im Fernseh lief. Mit diesem „Oettinger-Schbeschl“ ist dodokay zu seinen Wurzeln zurück gekehrt, als er anderkawwer und anonym die besten Filmstories mit einmaligen schwäbischen Geschichten unterlegte. Und dieses Mal sind Stimmlage und Synchronisationsgenauigkeit so perfekt gelungen, dass  niemand Zweifel hegte. Respekt! Wir wollen mehr davon sehen! (H.B.)